Erste Pfarrkirchener Fechtschule

24.10.2010

„Inn meine hanndt nim Ich dz schwert, Wie es d` Marxbrüder an mich begert, Ficht Ich mit Im on allen Zorn, Unnd schlags mund` zwischen die ohren, Dz sich die schwertter zusamen schwingen, Unnd die Roten plumen uber die Nasen Rinnen, Triffst du mich so laß Ichs geschehen, Fehl Ich dein du wirsts wol sehen.“

Gefecht mit dem Hofdegen.

Gefecht mit dem Hofdegen.

Dieser historische Reim markierte den Anfang eines Duells zwischen den Kontrahenten bei einer Nürnberger Fechtschule. Um wieder an diese Tradition anzuknüpfen wurde auf Initiative der IG Lungenfuchser und Ochs Pfarrkirchen am 23. Oktober 2010 die 1. Fechtschule in Pfarrkichen mit einem am darauf folgenden Tag anschließenden kleinen Bartitsu-Seminar abgehalten. An die 30 Personen, von TuS-Garching/Alz, Ochs Pfarrkichen und IG Lungenfuchser, waren am Samstag angereist um in alter Manier die Klingen zu kreuzen. Das Teilnehmerfeld reichte von fast blutigen Anfängern bis zu Fechttrainern, was der Qualität der Gefechte jedoch keinen Abbruch tat. Als besonderer Gast konnte auch Andy Damms von der Linacre School of Defence begrüßt werden.

Um den weniger erfahrenen Fechtern unter uns die Angst am bevorstehenden Turnier zu nehmen wurde der Duelltag zweigeteilt. Nach einer Begrüßung von Alexander Kiermayer wurden unter seiner Leitung am Vormittag nach einem für ihn etwas ungewöhnlich leichten Aufwärmtraining mehrere abwechslungsreiche Übungen zum Herantasten an ein Sparring bzw. Duell abgehalten.
Die Mittagspause wurde bei leichtem Essen zum Sonnentanken und Entspannen an der frischen Luft genutzt, um sich hier bereits geistig auf einen anstrengenden Nachmittag einzustellen.

Kampf an der Wand.

Kampf an der Wand.

Dann begann der Ernst des Lebens, besser gesagt: des Fechtens. Die Anwesenden wurden in zwei Gruppen eingeteilt, welche nach den historische verbrieften Marxbrüdern und Federfechtern benannt waren. Darauf gab Alex die Regeln bekannt: Treffer zur Brust und Kopf zählten zwei Punkte und jeder andere Extremitätentreffer wurde mit einem Punkt bewertet. Gefochten wurde zum Glück (für meine Wenigkeit leider Gottes) nicht bis „höchsten Rühr“ (in den historischen Fechtschulregeln zählte die höchste blutende Wunde am Körper), sondern bis zur maximalen Anzahl von drei Punkten. Beim ersten Doppeltreffer erfolgte eine Ermahnung, beim zweiten eine Verwarnung und beim dritten mussten beide beteiligten Fechter, unabhängig von ihrer bisherigen Punkteanzahl, das Gefechtsfeld als Verlierer räumen.

Die Teilnehmer in gespannter Erwartung.

Die Teilnehmer in gespannter Erwartung.

Würfe und Tritte waren generell verboten. Alles weitere, wie Entwaffnungs- und Ringtechniken oder auch Knauf- und Fauststöße, konnte von den Fechtern vor Beginn des Duells abgesprochen werden. Überwacht wurde das ganze durch einen Kampfrichter, wobei dieser hauptsächlich auf die Einhaltung der Regeln zu achten hatte. Die Fechter waren angehalten, die deutlichen Treffer selbst anzuzeigen, was dank der Fairness der Teilnehmer auch wunderbar funktionierte.

Hoher Wert wurde natürlich auch auf die Sicherheit gelegt: grundsätzlich mussten Fechtmaske, Fechtjacke und Tiefschutz, je nach Fechtwaffe entsprechende Handschuhe und zusätzliche Unterarmschützer vorhanden sein.
An Waffen stand so ziemlich alles zur Auswahl, was das Herz eines historischen Fechters begehrt. Vom Langen Schwert, Dusack, Rapier, Dolch, Säbel, Single Stick, Hofdegen, Halmbarte und Dreschflegel bis sogar zum Bajonett war so ziemlich alles vertreten.

Gefecht mit dem Langen Schwert.

Gefecht mit dem Langen Schwert.

Gezählt wurde nur die Anzahl der gewonnen Gefechte eines jeden Teilnehmers und im Gesamten die der zugehörigen Fechtbruderschaft. Trotz spürbarer leichter Nervosität und Anspannung eines jeden Fechters am Beginn des Turniers ließ sich die Begeisterung am Fechten nicht lange aufhalten.
Die Duelle waren aufgrund der Regeln und der bereits oben erwähnten Fairness eines jeden Teilnehmers durchweg als schön anzusehen und gut zu bezeichnen. Besonderes erfreulich war auch, dass die eher Unerfahrenen unter uns viele der ihnen bis dato unbekannten Waffen ausprobierten.

Dieser anstrengende Tag des Hauen und Stechens wurde mit einem gemeinsamen Abendessen aller Beteiligten beschlossen, wo man beim anschließenden gemütlichen Zusammensitzen noch einmal die Erlebnisse des Tages Revue passieren lassen konnten. Natürlich darf hier die Nennung des nach Anzahl der meisten gewonnenen Gefechte ausgerufenen Tagessiegers, Wolfgang Gerleigner vom TuS-Garching nicht fehlen.
Die „Gemeine Bruderschaft unserer Lieben Frauen der reinen Jungfrau Mariens und des heiligen und gewaltsamen Himmelsfürsten Sankt Marxen“, kurz „Marxbrüder“ genannt, darf sich mit einem hauchdünnen Vorsprung von zwei Siegen gegenüber den „Meistern des langen Schwerds von Greifenfels über die Gesellschaft der Freyfechter von der Feder“, meist „Federfechter“ genannt, als diesjährige Sieger der 1. Pfarrkirchner Fechtschule bezeichnen.

Gegen zwei Gegner ist Flucht oft die bessere Lösung.

Gegen zwei Gegner ist Flucht oft die bessere Lösung.

Am Sonntag wurde ein Bartitsu Seminar mit verkleinerter Teilnehmeranzahl abgehalten. Andy Damms gab hier eine kurze Einführung über die Geschichte des englischen Boxens mit anschließendem Trainingsteil, welcher die Schrittarbeit, Auslage und verschiedene Box- und Wurftechniken beinhaltete. Auch Alexander Kiermayer ließ es sich nicht nehmen im zweiten Teil des Seminars wieder diverse Tretereien aus dem Savate zu drillen.Dazu kam die Verteidigung in speziellen Situationen, beispielsweise mit dem Rücken an der Wand oder aus der Bodenlage.

Alles in allem möchte mich ich hier stellvertretend für alle Beteiligten für dieses wunderbar organisierte und durchgeführte Seminar bei den Trainern Alexander Kiermayer und Andy Damms, bei den Kampfrichtern am Duelltag und insbesondere bei Barbara Kiermayer für die Versorgung mit Kaffee, Plätzchen, guter Laune und die tatkräftige Mithilfe bei der Organisation recht herzlich Bedanken.

Abschließend bleibt hier eigentlich nur noch der Wunsch nach einer 2. Pfarrkirchener Fechtschule im kommenden Jahr stehen.

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